Fütterung tragender Stuten
Bevor eine tragende Stute gefüttert werden kann, muß sie erst einmal tragend werden und das ist häufig schon eine Hürde, die nicht so leicht zu nehmen ist. Auch hier kann man durch die korrekte Fütterung dazu beitragen, dass der Weg zum Fohlen keine Sackgasse wird.
Stuten sollten zum Zeitpunkt der Belegung in einem guten bis sehr guten Fütterungszustand sein. Dazu gehört nicht nur eine ausreichende Energieversorgung, sondern auch die Ausgewogenheit der Ration, vorallem bezüglich des Verhältnisses von Calcium zu Phosphor und eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen, da diese zum Winterausgang in immer kleineren Mengen im Futter enthalten sind. Zufütterung von Vitamin A und E sowie von Carotin soll die Fruchtbarkeitsrate erhöhen. Bei beginnendem Weidegang im Frühjahr treten diese Probleme in den Hintergrund.
Ist die Stute gedeckt oder besamt und hat eine Befruchtung stattgefunden aus der sich ein lebensfähiger Embryo entwickelt, beginnt eine Phase von ca. 30 Tagen, in die ca. 95% der Fruchtresorptionen fallen. Es ist also sinnvoll, alle potentiell belastenden Faktoren zu diesem Zeitpunkt von der Stute fernzuhalten. Im Zusammenhang mit der Fütterung ist darauf zu achten, daß es nicht zu einer Unterversorgung kommt oder plötzliche Futterwechsel (Anweiden) vorgenommen werden.
Ist die Stute nach dem 30. Trächtigkeitstag noch tragend, kann sich der Züchter relativ beruhigt zurücklehnen und die Stute verbringt einen hoffentlich schönen Sommer auf der Weide. Die Weidehaltung auf nicht zu eiweißreichen Weiden mit einer vielseitigen Zusammensetzung des Bewuchses reicht für den geringen zusätzlichen Energiebedarf der Frucht zu diesem Trächtigkeitszeitpunkt vollkommen aus, es empfiehlt sich lediglich die Mineralstoffversorgung durch Zufütterung eines entsprechenden Zusatzfutters zu ergänzen.
Interessant wird es aus fütterungstechnischer Sicht wieder ungefähr ab dem 8. Trächtigkeitsmonat. Dann steigt der Energiebedarf der Stute auf das 1,25 bis 1,4 fache des Erhaltungsbedarfs. Der Bedarf an Eiweiß, Calcium und Phosphor ist sogar noch mehr gesteigert. Ein guter Ernährungszustand ist nicht nur für das Wachstum der Frucht, sondern auch für die Milchproduktion nach der Geburt wichtig sowie das Wiedereinsetzen der Rosse. Es bietet sich an, den hochtragenden Stuten ein Zuchtstutenfutter zuzufüttern, das sowohl in der Hochträchtigkeit als auch nach dem Abfohlen zur Unterstützung der Milchproduktion gefüttert werden kann. Das vermeidet eine Futterumstellung in Geburtsnähe. Zu vermeiden ist allerdings ein mastiger Futterzustand, weil die zusätzliche Fetteinlagerung den Geburtskanal verengen und es zu Schwierigkeiten im Geburtsablauf kommen kann. Nimmt das Fohlen mit seinen Fruchthüllen und der Gebärmutter zunehmend Platz im Bauchraum der Stute in Anspruch, ist es sicher sinnvoll, die Futtermenge auf viele kleine Portionen zu verteilen und Futtermittel mit leicht abführender Wirkung zuzufüttern (Weizenkleie, Melasse, gekochte Leinsamen, o.ä.). In Gebieten mit niedrigen Bodengehalten an Kupfer, Selen oder Jod sollten diese Spurenelemente zugefüttert werden. Dies darf aber keinesfalls auf gut Glück passieren, da eine Überversorgung durchaus schädigend wirkt. Eine Futtermittelanalyse kann hier Aufschluß geben. Vitaminzulagen sind dagegen als sinnvoll und unproblematisch anzusehen. Unmittelbar vor der Geburt (wenn man immer genau wüßte wann das ist…) kann es sinnvoll sein, die Rauhfuttemenge zu reduzieren, um eine Entlastung des Bauchraums zu schaffen. Heumengen von 0,5-0,6 kg pro 100 kg Körpergewicht werden empfohlen.
Ist das Fohlen geboren, wird die Futtermenge in den folgenden 3 Tagen langsam gesteigert. Ist die Weidesaison noch nicht eröffnet, wird gutes, aromatisches Heu gefüttert (5-8 kg) und mit Kraftfutter (6-8 kg) ergänzt. Dabei ist auf einen ausreichenden Gehalt an Aminosäuren, Fettsäuren, Vitaminen und Mineralstoffen zu achten. Bei Haferfütterung sind zu diesem Zweck Ergänzungsfuttermittel für Zuchtpferde zuzufüttern. Auch bei Weidehaltung reicht das Futterangebot meist nicht aus, um den Energiebedarf der laktierenden Stute zu decken. Neben Lecksteinen sollte zusätzlich Kraftfutter angeboten werden, wobei sich dessen Zusammensetzung an der Qualität des Grünfutters orientieren muß. Häufig kommen also eiweißarme Mischungen zum Einsatz. Auf normalen Weiden reicht eine Kraftfuttergabe von 0,2-0,5 kg pro 100 kg Körpergewicht. Bei großer Trockenheit oder hohen Temperaturen sollte allerdings die Kraftfuttermenge deutlich erhöht werden. Neben der gebotenen Vorsicht beim Anweiden ist es sinnvoll, den Pferden auf Weiden mit jungem, eiweißreichen Gras strukturiertes Futter wie Stroh oder altes Heu zusätzlich anzubieten.
Alle diese Angaben beziehen sich auf durchschnittliche Warmblutstuten. Pferde anderer Rassen, vorallem Ponys unterscheiden sich natürlich zum Teil erheblich von diesen Angaben und auch von Pferd zu Pferd kommen große Unterschiede vor, so daß immer ein prüfender Blick auf den Ernährungszustand von Stute und Fohlen die fütterungstechnischen Überlegungen begleiten sollte, ebenso wie eine regelmäßige Entwurmung und Zahnkontrolle.
Dr. Kristian Sander
Tierarztpraxis Jürgens & Kraemer, Schwarmstedt